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WortGottesFeiern
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einer Wort-Gottes-Feier
Die Herausgeber
Leseprobe 2
Gebetsstunde an Gründonnerstag
Wenn die Angst versorgt ist, entsteht Freiheit
Lesejahr B
In den Feiern von Gründonnerstag bis zur Osternacht gedenkt die Kirche der Passion Jesu Christi, seines Todes und schließlich seiner Auferstehung. Die Liturgie dieser Tage bildet eine Gesamtfeier. Das gilt für die drei Hauptgottesdienste – Abendmahlsfeier an Gründonnerstag, Karfreitagsliturgie und Osternacht – und es gilt auch für die kleineren Feiern hier, die ergänzend zu diesen Feiern abgehalten werden können. Sie sind thematisch verbunden durch das Thema Angst, können aber auch einzeln gefeiert werden.

Die vorgeschlagene Gebetsstunde ist als Ergänzung oder Erweiterung der Liturgie des Gründonnerstags gedacht. Sie kann in der Kirche stattfinden oder auch in Stationen unterwegs gebetet werden. Ihren Schluss sollte sie in der Kirche haben, damit die Anwesenden noch verweilen können im Gebet zu einer Nachtwache.

1 Einzug
Zur Gebetsstunde erfolgt ein stiller Einzug all derer, welche die Feier gestalten. Verneigung vor dem Altar oder Kniebeuge, dem Tabernakel zugewandt.

2 Gesang zum Beginn
GL 286/EH 196/Unterwegs 209 »Bleibet hier und wachet mit mir«

3 Einführung
Wir sind heute zusammengekommen, um miteinander zu beten, wie Jesus es getan hat am Abend vor seiner Verhaftung. Wir wollen seinen Spuren folgen, dem Weg, den er mit seinen Jüngern gegangen ist aus dem Festsaal in den Garten, aus der Gemeinschaft mit seinen Jüngern in die Einsamkeit und das Gebet zu Gott, vor den er seine Angst und Verzweiflung gebracht hat.

Auch wir kennen Ölberg-Zeiten in unserem Leben, kennen Angst und Verzweiflung ebenso wie die Ermüdung der Jünger. Auch mit diesen wenig glanzvollen Seiten von uns dürfen wir vor Gott kommen und auf sein Erbarmen hoffen.

4 Schrifttext: Joh 13,30
Die folgenden Texte sollten von verschiedenen Lektor/inn/en vorgetragen werden. Es bietet sich an, dass je eine Person die biblischen Texte, eine die Impulse und ggf. eine dritte das Wechselgebet spricht.
»Als Judas den Bissen Brot genommen hatte, ging er sofort hinaus. Es war aber Nacht.«

5 Impuls
Freunde sitzen beieinander und feiern. Dann steht einer aus ihrer Mitte auf und geht, verlässt diesen Kreis – und keiner folgt dem Freund in die Dunkelheit. Keiner versucht ihn aufzuhalten oder fragt nach, warum er geht. Wohin er will. Was er vorhat.
Auch wir machen die Erfahrung, dass jemand sich irgendwie verabschiedet aus unseren Kreisen. Erst kommt er oder sie vielleicht seltener. Dann irgendwann gar nicht mehr. Oder Gespräche, die früher leichtgefallen sind, werden mühsam. Wir spüren, dass wir uns entfremden. Vielleicht merken wir auch, dass bei jemandem immer mehr »dazwischenkommt«, es Ausreden gibt, Treffen abzusagen – und wir uns irgendwann einfach daran gewöhnen, dass jemand nicht mehr kommt. Im Privaten wie in unseren Gemeinden. Wir alle kennen die Angst, unverstanden, fehl am Platz zu sein. Wir fürchten uns vor Zurückweisung, haben Angst, verletzt oder beschämt zu werden, eine schlechte Figur zu machen. Wir alle haben darum auch innerlich unzählige Gründe dafür, uns zurückzuziehen. Und wir haben auch auf der anderen Seite vermeintlich gute Entschuldigungen dafür, selbst andere aus dem Blick zu verlieren, nicht aufeinander zuzugehen und nachzufragen oder sogar nachzugehen, wenn jemand geht. Vielleicht aus Angst, eine verletzende Antwort zu bekommen. Vielleicht aus Angst, den anderen mit Fragen zu sehr zu bedrängen. Vielleicht, weil wir Angst haben, uns einzumischen oder Grenzen zu überschreiten. Auch unsere eigenen. Denn es ist nicht leicht, ein Gespräch zu führen, wenn wir vielleicht selbst verletzt sind.
Stille

6 Wechselgebet

Wir wollen beten:
Für alle, die sich einsam fühlen, auch in unserer Mitte. Herr, erbarme dich.
A.: Herr, erbarme dich. Für alle, die aus dem Blick geraten sind und denen niemand nachgeht.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die enttäuscht sind von ihren Freunden, von Kollegen, von der eigenen Familie.
A: Herr, erbarme dich.
Für alle, die sich nicht trauen, Verletzungen zu thematisieren und sich stattdessen zurückziehen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die vor einer Dunkelheit stehen, die ihnen Angst macht.
A.: Herr, erbarme dich.

7 Zwischengesang

GL 286/EH 196/Unterwegs 209 »Bleibet hier und wachet mit mir«

8 Schrifttext Mt 26,36–38
»Darauf kam Jesus mit ihnen zu einem Grundstück, das man Getsemani nennt, und sagte zu den Jüngern: Setzt euch hier, während ich dorthin gehe und bete! Und er nahm Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich. Da ergriff ihn Traurigkeit und Angst und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!«

9 Impuls
Wir alle kennen die Szene: Jesus geht mit seinen Jüngern hinaus in den Garten Getsemani und betet. Er hat einen schweren Weg vor sich, bittere Stunden. Und er hat Angst. Er wünscht sich den Beistand seiner Freunde, braucht Verbindung zu denen, die seinen Weg bislang begleitet haben. »Bleibt hier und wacht mit mir«, bittet er sie. Bleibt hier in diesem Dunkel, steht mir bei, seid mit mir verbunden in meiner Angst, lasst mich nicht allein. So kann man die Bitte übersetzen: Es sind schwere Stunden, die kommen werden, Stunden, die ich nicht alleine bewältigen kann. Doch die Jünger schaffen es nicht, wach zu bleiben. Sie schlafen immer wieder ein.
»Bleibt hier und wacht mit mir« – auch wir kennen diese Sehnsucht nach Verbindung, auch wir brauchen Nähe und Beistand. Und wir alle kennen auch die andere Seite: wie es sich anfühlt, wenn diese Unterstützung fehlt. Und auch, wie wir selbst anderen unsere Nähe schuldig bleiben.
Stille

10 Wechselgebet

Wir wollen beten:
Für alle, die sich nach heilender Nähe, Versöhnung und Weggemeinschaft sehnen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die hilfsbedürftig sind und darauf angewiesen, dass andere Menschen sich ihnen zuwenden.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, deren Stimmen nicht gehört werden und deren Leid vergessen wurde.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die keine Kraft mehr haben, Hilfe zu suchen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die sich vom Leid anderer nicht mehr anrühren lassen.
A.: Herr, erbarme dich.

11 Zwischengesang
GL 286/EH 196/Unterwegs 209 »Bleibet hier und wachet mit mir«

12 Schrifttext: Mk 14,35–36
»Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. Er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst [geschehe].«

13 Impuls

Jesus geht hinaus, er geht aus der Enge des Raumes hinaus und betet. Wie er den Raum weitet, so weitet er im Gebet auch seine Perspektive. Er wendet sich an Gott, den er liebevoll Abba, Vater, nennt. Vor ihn kommt er mit seiner Angst, mit ihm bleibt er im Gespräch. Er geht aus der Einsamkeit in Verbindung.
Die Angst wird dadurch nicht einfach genommen. Auch der Grund der Angst bleibt real. Und dennoch wandelt sich etwas: Die Angst wandelt sich. Sie bekommt einen Raum. Sie darf ausgesprochen werden. Sie bekommt einen Namen. Sie kann betrachtet werden. Die Angst wird fassbar und vor einem Gegenüber benannt. Wenn die Angst auf diese Weise einen Platz bekommt und versorgt wird, entsteht auch innerlich neuer Freiraum, es entsteht Freiheit. Die Freiheit, der Angst nicht nur ohnmächtig ausgeliefert zu sein.
Wir kennen alle das Gefühl, dass die Angst immer größer wird. Als Kinder auf dem Weg in den Keller, als Erwachsene, wenn uns eine Sache immer schwerer, immer unmöglicher vorkommt, je mehr wir sie uns in unserer Fantasie ausmalen. Aus einem kleinen Zweifel wächst eine fast unüberwindliche Hürde, wenn wir mit unserer Angst allein bleiben, sie nicht ins Gespräch bringen. Und die eine Angst bringt meist andere Ängste mit sich.
Stille

14 Wechselgebet
Wir wollen beten:
Für alle, die in ihren Ängsten gefangen sind, deren Leben durch Angst bestimmt ist.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die anderen Angst machen, um ihre Ziele durchzusetzen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die durch unsere Angst, zu kurz zu kommen, nicht das Nötigste zum Leben bekommen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die in ihren Familien in Angst leben müssen, vor allem die Kinder, die sich nicht wehren können.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die durch Kriege, Terror, Naturkatastrophen in ständiger Angst um ihr Leben sind.
A.: Herr, erbarme dich.

15 Zwischengesang
GL 286/EH 196/Unterwegs 209 »Bleibet hier und wachet mit mir«

16 Schrifttext: Mt 26,45–46

»Danach kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte zu ihnen: Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus? Siehe, die Stunde ist gekommen und der Menschensohn wird in die Hände von Sündern ausgeliefert. Steht auf, wir wollen gehen! Siehe, der mich ausliefert, ist da.«

17 Impuls
Jesus begegnet seinen Jüngern nach dem Gebet anders. Er hat seine Ängste vor Gott gelegt und gespürt, dass er in seiner Angst nicht allein ist. Das verändert im Inneren alles, auch wenn sich nach außen nichts verändert hat. Seine Angst so versorgt und umfangen zu wissen in der Beziehung zu Gott, gibt ihm die Freiheit, dem entgegenzugehen, was auf ihn zukommt. Mit seiner Angst geht er, nicht mehr nur gegen sie. Seine Jünger aber waren – so der Evangelist Lukas – vor Kummer so erschöpft, dass sie eingeschlafen sind. Sie sind dadurch nicht vorbereitet auf das, was kommt. Sie sind überrumpelt und werden durch die Geschehnisse gespült. Petrus schlägt in seiner Verzweiflung, Ohnmacht und Wut einem Soldaten das Ohr ab.
Wir alle kennen das Gefühl, dass sich die Dinge überschlagen. Dass Angst und das Gefühl von Ohnmacht umschlagen können in Resignation oder Wut. Dass Hilflosigkeit uns zu ganz anderen Menschen macht, Seiten an uns hervorholt, die wir nicht an uns kennen oder in anderen Zeiten gerne verbergen. Angst ist kein guter Ratgeber.
Stille

18 Wechselgebet

Wir wollen beten:
Für alle, die sich ohnmächtig fühlen, ausgeliefert, hilflos, überrollt von den Geschehnissen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die aus Wut auf sich und die Welt andere verletzen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die resigniert sind, die keine Sehnsucht mehr kennen oder zulassen können, die keine Pläne mehr schmieden wollen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, denen ein Gegenüber fehlt, an dem sie sich aufrichten können, wenn ihnen Leid widerfährt und sie vor ihren eigenen Abgründen stehen.
A.: Herr, erbarme dich.
Für alle, die in ihrer Verzweiflung am Leben nicht mehr wissen, was sie tun sollen.
A.: Herr, erbarme dich.

19 Schrifttext: Lk 22,52–53

»Zu den Hohepriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und ihr habt nicht Hand an mich gelegt. Aber das ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.«

20 Impuls

Schaut man in die Zeitungen, so kann es einem immer mal wieder so gehen, dass man am liebsten verzweifeln möchte, dass man das Gefühl hat, dass tatsächlich die Finsternis das letzte Wort hat: die menschengemachte Klimakrise, Kriege, Gewalttaten, nationalistische Provokationen, düstere Wirtschaftsprognosen, … (etwas aus der aktuellen Berichterstattung, evtl. auch etwas mit Lokalbezug).
Selbst Menschen, die optimistisch in die Welt schauen, haben da einiges zu schlucken und fühlen sich ohnmächtig angesichtsall der Schrecken.
Darum wollen wir dem Beispiel Jesu folgen und unsere Ängste vor Gott bringen. Denn wenn die Angst versorgt ist, entsteht Raum, entstehen neue Perspektiven, entsteht Freiheit:

21 Gebet
Abba, Vater, wie Jesus, bringen auch wir unsere Ängste vor dich, die uns das Miteinander schwer machen.
- Wir bringen dir unsere Angst vor Gewalt, die Angst vor Krieg und Terror, die Angst vor sozialem Unfrieden. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
Gemeinde: Versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen dir unsere Angst um unsere Lebensgrundlagen, die Angst vor Arbeitsplatzverlust und sozialem Abstieg, die Angst vor Armut und Einsamkeit. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen dir unsere Angst um unsere Erde, die Angst vor Naturkatastrophen, Artensterben und Vergiftung unserer eigenen Lebensquellen. Aber auch die Angst vor Schuld unseren Kindern gegenüber, denen wir Lebensmöglichkeiten rauben durch unser Verhalten. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen dir unsere Angst vor Krankheit, die Angst vor Hilfsbedürftigkeit, vor Verlust von Sinnen und kognitiven Fähigkeiten, die Angst vor Schmerz, Leid, Sterben und Tod. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen die unsere Angst vor der Zukunft, die Angst vor Veränderungen an unseren Komfortzonen, die Angst vor allem Fremden und Neuen, die Angst, uns vielleicht nicht richtig zu entscheiden und Weichen falsch zu stellen. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen dir unsere inneren Ängste davor, zu kurz zu kommen, die Angst, nicht gesehen zu werden, die Potenziale nicht ausschöpfen zu können, ohnmächtig zu sein.
- Wir bringen dir die inneren Ängste davor, beschämt zu werden, die Angst, nicht mitzukommen in dieser Welt, die Angst, anderen ausgeliefert zu sein, hilflos zu sein.
- Wir bringen dir die inneren Ängste davor, traurig zu sein, die Angst vor der Trauer, die Angst allein zu sein. – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.
- Wir bringen dir unsere Angst vor der Angst. (Kurze Stille) – Abba, Vater, versorg du unsere Ängste.

22 Vaterunser
Alle unsere Bitten und Gebete fassen wir zusammen in dem Gebet, das Jesus seine Jünger gelehrt hat.
Gemeinde: Vater unser im Himmel …

23 Segensbitte
Wir wollen Gott um seinen Segen bitten:
Gott segne uns und behüte uns.
Er schaue gütig auf das, was uns antreibt, und heile, wo die Ängste unsere Herzen aufgescheuert haben und der Kummer unseren Geist erschöpft und müde gemacht hat.
Er bringe Licht in unsere Dunkelheiten und schenke uns Frieden, dem Leben und unseren Nächsten gegenüber.
So segne uns der dreieine Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Gemeinde: Amen.

24 Entlassung

Wer noch weiter im stillen Gebet vor dem Tabernakel verweilen will, ist dazu herzlich eingeladen.

25 Stiller Auszug

Nach angemessener Zeit erfolgt ein stiller Auszug aller an der Gebetsstunde beteiligten Dienste.

Anke Keil

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