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Die Inhalte
der Zeitschrift
WortGottesFeiern
Der Aufbau
einer Wort-Gottes-Feier
Die Herausgeber
Einführung
Die Vierzigtagezeit als Diener an der Seite
Jedes Jahr neu betreten wir die Zeit der vierzig Tage der Österlichen Bußzeit als einen Weg auf Ostern hin. Doch oft ist es gar nicht so leicht, diese Zeit persönlich zu gestalten und zu füllen. Welchen Dienst will uns diese Vierzigtagezeit leisten? Eine Geschichte des jüdischen Religionsphilosophs Martin Buber (1878–1965) hat mir auf diese Frage eine neue Sichtweise eröffnet, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte.

Der Wächter
In Ropschitz, Rabbi Naftalis Stadt, pflegten die Reichen, deren Häuser einsam oder am Ende des Ortes lagen, Leute zu dingen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten. Als Rabbi Naftali sich eines Abends spät am Rande des Waldes erging, der die Stadt säumte, begegnete er solch einem auf und nieder wandelnden Wächter. »Für wen gehst du?«, fragte er ihn. Der gab Bescheid, fügte aber die Gegenfrage daran: »Und für wen geht ihr, Rabbi?« Das Wort traf den Zaddik wie ein Pfeil. »Noch gehe ich für niemand«, brachte er mühsam hervor, dann schritt er lange schweigend neben dem Mann auf und nieder. »Willst du mein Diener werden?«, fragte er endlich. »Das will ich gern«, antwortete jener, »aber was habe ich zu tun?« »Mich zu erinnern«, sagte Rabbi Naftali.
Aus: Martin Buber, Die Erzählungen der Chassidim, 15. Aufl., Zürich (Manesse Verlag) 2006, 671.

Der Rabbi wurde sprachlos, bis er die Worte fand, die sich zu einer Bitte formten: »Willst du nicht mein Diener werden?« Und diesen Diener brauchte er, um an die Frage erinnert zu werden: Für wen gehst du?
Die Österliche Bußzeit ist uns so ein Diener an der Seite. Jahr für Jahr taucht er auf und stellt uns diese Frage: Für wen gehst du? Eigentlich ist jede geprägte Zeit in unserem Kalender des Glaubens so eine Art Wegbegleiter, der uns erinnert und an die Frage führt: Für wen gehst du? Da geht es um Orientierung, um Perspektive und Atemholen. Ein sinnloses Umherirren kostet uns den letzten Atem. Darum eine solche Zeit, die Österliche Bußzeit oder Vierzigtagezeit (Quadragesima), die wie ein Wegbegleiter, ein Diener, immer wieder einfragt in die Schritte, die wir gehen: Für wen gehst du?

Solch eine geprägte Zeit richtet sich nicht zuerst an jede und jeden Einzelnen. Der Glaube an den alleinzigen und dreieinen Gott ruft uns in dieses verbindende und geschwisterliche »Wir« als Kirche. Ich weiß nicht, wie bei Ihnen in den letzten Monaten über Strukturen der Gemeinden diskutiert wurde oder neue Strukturen eingeführt wurden. In unserer Diözese war und ist einiges in Gange, und da braucht es in jedes kirchliche Denken, Strukturieren und Planen hinein gerade diesen Diener an der Seite, der uns fragt: Für wen gehst du, Kirche? Es kann zu einem vierzigtägigen Fragen werden, penetrant bei Schritt und Tritt. Und dabei kann es mich persönlich und uns als Gemeinde genauso sprachlos werden lassen wie diesen Rabbi. Sprachlos, so dass ich schweigend neben dieser Frage her gehe, die mir zum Diener geworden ist in dieser geprägten Zeit. Das Schweigen ist uns gegönnt. Es braucht keine Tagesordnung und kein Protokoll. Aber es ist von Bedeutung, dass wir zusammenfinden. Dazu gibt es – zumindest – die uns freigegebene Zeit des Sonntags. Auch die Wegzehrung ist auf das Wesentliche reduziert. Daher rührt der weitere Namen des Wegbegleiters her: Fastenzeit. Nicht, dass mir durch die Abnahme an Gewicht der Weg leichter fällt, ist die Wegzehrung reduziert beim Fasten. Nein, damit sich die Sinne schärfen, um Antwort zu finden.

Für wen gehst du?
Ich wünsche uns eine gesegnete Wegzeit mit dem Diener an der Seite.

Heinz Vogel

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