WortGottesFeiern – Startseite
Startseite » Archiv » Ausgabe 4/2013 » Einführung
Titelcover der archivierte Ausgabe 4/2013 – klicken Sie für eine größere Ansicht
Die Inhalte
der Zeitschrift
WortGottesFeiern
Der Aufbau
einer Wort-Gottes-Feier
Die Herausgeber
Einführung
Wie kommt das Leben in unserer Liturgie vor?


Sie erzählte mir ihre Gottesdiensterfahrung und endete damit: »Ich komme nicht mehr.« Sie fühlt sich so alleingelassen, ist da und niemand um sie, greift beim Friedensgruß oft ins Leere. »Das schmerzt so.«

Sie ist blind.

Ich dachte immer, diese toughe Frau sagt sicher, was man tun soll, wie man ihr im Raum oder in der Liturgie helfen kann. Aber ich hatte mich total getäuscht. Sie empfand es so, dass alle einen Bogen um sie machen, dass man sie alleine lässt, ohne ihr Anteil zu geben an dem, was allen anderen sichtbar ist.

Ich habe sie zu einer Sitzung des Pfarrgemeinderates eingeladen. Das war bewegend. Indem sie auf ihre Art und Weise alle mitgenommen hat in ihr Wahrnehmen und Empfinden, hat sich bei vielen der Blick in die Welt verändert. Aus ihrem Erzählen ist ein anderes Sehen in unsere Räume, die wir in unserem Gemeindealltag nutzen, in die Liturgie und in unsere Begegnungen geworden.

Ich begegne ihr seither in der Liturgie anders, mache mich bemerkbar, wenn ich auf sie zugehe, damit sie nicht erschrickt, wenn ich plötzlich vor ihr stehe und sage: »Der Friede sei mit dir!«

Das Leben tritt mit Menschen, deren Behinderung erfahrbar ist, nochmals anders in den Raum und in die Liturgie hinein. Und damit auch ein anderer oder ein weiterer Zugang zum Leben. Wie in ein Mosaik legt sich ein Stück zum Bild »Leben« mit all den anderen Lebenssteinen auch.

In der Frage, wie das Leben in unserer Liturgie vorkommt, sehe ich eine erste Antwort darin, dass alle, die in die Liturgie eintreten, in dieses gemeinsame Feiern ihr Leben mitbringen. Das Anwesendsein ist nicht etwas Beiläufiges. Da kommt natürlich der Vorsteherin, dem Vorsteher einer Feier, aber auch allen weiteren Rollenträgern eine bedeutende Rolle zu: wahrnehmen, wer da ist. Dieses Anwesendsein von Menschen prägt die Atmosphäre in einem Raum, prägt das gemeinsame Musizieren, das Sprechen, die Art und Weise der Begrüßung. Menschen besuchen nicht einfach einen Gottesdienst, und er wird auch nicht von einigen für sie gefeiert. Wenn auch jemand im Raum auf Distanz gehen möchte zu all den anderen, so ist doch dieser Mensch mit seiner Geschichte präsent und hat die Entscheidung getroffen, sich aufzumachen, um zu dieser Zeit an dem Ort sein zu können. Jetzt kommt ein weiteres hinzu, dass wir in der Liturgie unseren Blick nochmals weiten in die große Gemeinschaft der Glaubenden, dass wir unser Leben, wie wir da sind, in Beziehung setzen zu all den anderen, die mit uns leben, wo auch immer. Da schließen sich alle, egal in welcher Sprache, dieser Zusage und zugleich dieser Sehnsucht an: Der Herr ist mit uns! Der Herr sei mit uns.

Wie kommt das Leben in unserer Liturgie vor?

Es muss, so meine Überzeugung, nicht zuerst in Worte gefasst werden, wie vielfältig dieses Leben ist, wie es sich uns ereignet, was alles so passiert. Es liegt auch nicht zuallererst an den Worten, mit denen ich dieses Leben ausspreche im Gottesdienst. Zuallererst kommt dieses Leben in der Liturgie durch die Menschen herein, die ihr Leben leben und ihre Geschichte mitbringen. Da muss noch gar nichts davon ins Wort gebracht sein, aber vielleicht in einen freundlichen Gruß in der Bank oder schon auf dem Weg zur Kirche. Wahrnehmen ist so vielgestaltig und doch eine wesentliche Voraussetzung, dass ein Mensch hinterher sagt: »Ich komme nicht mehr.« Sie fehlt, wenn sie nicht mehr kommt, wenn manch andere ebenso nicht kommen, weil sie es so empfinden, dass sie nicht wahrgenommen werden.

Diese blinde Frau ist auch sehr emotional und reagiert auf Worte der Predigt, auch sonst, wenn ein Lied nicht so funktioniert, oder wenn etwas glückt. Sie kann mal laut loslachen. Damit steckt sie manch andere an, und es tut gut. Mitunter sitzen Freude und Leid, Armut und Reichtum, Glück und Unglück, Menschen, die mit einer Behinderung leben oder Menschen, die all ihre Sinne dankbar erfahren dürfen, dicht nebeneinander in einem Gottesdienst. Und alle nehmen die mit ins Gebet, denen es ebenso ergeht oder die sie mittragen und um die sie sich sorgen. Leben vernetzt sich so auf eine ganz andere Weise, weltweit. Mit allen, die zusammenkommen, kommt das Leben ins Spiel, in dieses »Heilige Spiel«.

Eine gesegnete Zeit!

Heinz Vogel

Zurück zur Startseite

pastoral.de


Das bewährte
BasisProgramm
auf CD-ROM


pastoral.de - BasisProgramm

oder

Die
Web-Plattform
im Browser


pastoral.de - Web-Plattform

Vergleichen Sie hier


WortGottesFeiern
Telefon: +49 (0) 711 44 06-134 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum