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Die Inhalte
der Zeitschrift
WortGottesFeiern
Der Aufbau
einer Wort-Gottes-Feier
Die Herausgeber
Einführung
»Den Vorhang zu und alle Fragen offen«

Mit diesem leicht abgewandelten Brecht-Zitat beendete der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki jeweils die Fernsehsendung »Das literarische Quartett«. Es war originell, es war Show, vielleicht auch Ausdruck für das Vorläufige und Fragmentarische. Etwas Enttäuschung klingt an, Unsicherheit und Ratlosigkeit nach allem Gerede. Es gibt Situationen, da fehlen uns die Worte: im größten Glück, in tiefster Trauer. Was uns bewegt, ist unaussprechlich, lässt sich nicht fassen. Nicht Unschlüssigkeit oder Ratlosigkeit lassen uns schweigen, sondern wir sind überwältigt. Will man doch Worte finden, so wirken sie schnell banal, vielleicht kitschig oder peinlich. Hin und wieder gibt es kreative Schriftsteller, Autoren, die die Situation und ihr Empfinden so verdichten können, dass es sagbar wird. Oft aber werden wir die Erfahrung des Unaussprechlichen machen.

»Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.« Dieses »geflügelte« Wort (auch ein Bild) benennt eine wichtige Erfahrung. Bildliche Darstellungen prägen sich ein, erleichtern das Verstehen, können Unaussprechliches ausdrücken, Emotionen hervorrufen. Bilder werden schnell wiedererkannt und mit anderen Gegebenheiten assoziativ verbunden. Bilder machen Eindruck. »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.«

Wortschwall
So betrachtet, haben es Wort-Gottes-Feiern schwer. Zahlreiche Lesungen, Gebete, Einführungs- und Erläuterungstexte, Predigtworte. Und doch geht es nur um eins: um das »Wort des lebendigen Gottes«, um Jesus Christus, den Sohn Gottes. Er ist die Botschaft des Vaters. Aber das Evangelium ist nicht einfach ein Buch, die Frohe Botschaft, das sind nicht nur Worte, sondern das lebendige Wort, Jesus Christus. Wir feiern dieses Wort Gottes: von der Erwartung des Advents über die Geburt an Weihnachten bis hin zu seinem Leiden, Sterben und Auferstehen an Ostern. Jesus Christus ist »das Ebenbild des unsichtbaren Gottes« (Kol 1,15). Ein Gottesdienst ist keine Bildbetrachtung, sondern der Versuch, gemeinsam Gott entgegenzugehen, das Angesicht Gottes zu suchen, ihm entgegenzublicken. Hinaufziehen zum Berg, Gott suchen (Ps 24,3.6) – das braucht Ausdauer und Zeit: Zeit, um das Gehörte zu betrachten, um sich der Gegenwart des Wortes Gottes auszusetzen, sich von ihm anschauen zu lassen. Die Ruhe ist das »Bild« im Gottesdienst. Die Stille hinterlässt Eindruck, sie ist das »Bild« in der Wort-Gottes-Feier. – Stille sagt mehr als tausend Worte.

Bilderflut

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.« Dieser Slogan geht auf die Werbebranche zurück. Fred R. Barnard veröffentlichte 1927 eine Anzeige, mit der er für den Gebrauch von Bildern in Werbeaufdrucken auf Straßenbahnen warb. Aber was für das Wort gilt, betrifft ebenso das Bild. Es gibt nicht nur die »tausend Worte«, es gibt auch die Bilderflut. Der Reizüberflutung durch Bilder können wir uns kaum entziehen. Doch der Gottesdienst sollte es ermöglichen, »aus dem akustischen und optischen Getöse, aus diesem pausenlosen Angeschrieenwerden immer wieder einmal hinaustreten zu können«, so der Philosoph Josef Pieper. Der eine Weg ist die Stille. Der andere Weg begann etwa um das Jahr 1000 mit der Verhüllung des Altares oder des Altarraumes in der Fastenzeit. Diese zunächst schwarzen oder violetten Tücher sollten ein Fasten der Augen ermöglichen, ebenso wie das Verhüllen von Bildern und Kreuzen. Ab dem 14. Jahrhundert ging man dazu über, die Tücher mit Darstellungen der Passion zu versehen. Ein prominentes Beispiel ist das Fastentuch im Freiburger Münster. Seit 1612 ist es ununterbrochen in liturgischem Gebrauch. Es verhindert den gewohnten Blick und macht bewusst, dass es etwas gibt hinter dem, was wir vordergründig zu erkennen meinen. Der Eingriff in den vertrauten Raum ist zugleich eine Infragestellung geläufiger und bekannter Antworten: »Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.«

Andreas Poschmann

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